© Seenland Oder-Spree / Florian Läufer

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auf eine Reise in das Oderbruch

Die alten Kalköfen am Wriezener Hafen

Episode 6 der Reise durch die Kulturerbe-Orte

11. August 2021

Zehn Autominuten von Bad Freienwalde entfernt liegt Wriezen. Eine Zäsur in der Stadtentwicklung folgte durch die verheerenden Folgen des Dreißigjährigen Krieges. Mit der Trockenlegung des Oderbruchs, Mitte des 18. Jahrhunderts, verlor auch die Fischerei an Bedeutung und wurde durch die Landwirtschaft abgelöst. Es ging mit der Stadt immer wieder auf und ab, bis im Jahr 1861 der Schiff- und wenig später der Bahnverkehr eingerichtet wurden. Die Bahnverbindung nach Berlin versorgte ab 1898 die Großstadt mit Fisch und Gemüse, wovon Wriezen wirtschaftlich enorm profitierte. Von der einstigen Wirtschaftskraft hat sich derweil nicht viel erhalten. Ganz am östlichen Rand der Republik gelegen, ist Wriezen inzwischen in einen Dornröschenschlaf gefallen.

Kalköfen am Alten Hafen© Michael Anker

So erging es wohl auch seinem alten Hafen. Noch bis in die 1960er Jahre war er in Betrieb, erzählt Eckhard Brennecke. Er ist der heutige Eigentümer des ehemaligen Hafen-Geländes an der Wriezener Alten Oder. Wer den kleinen, träge dahinfließenden Fluss sieht, mag kaum glauben, dass dort einst Lastkähne anlegten. „Hier war mal richtig was los, alles wurde umgeschlagen sämtliche Baumaterialien, Steine, Kies und Dünger. Stets und ständig fuhr der Dampfer Paul mit Lastkähnen, erst zum Finowkanal, dann nach Berlin und zurück“, sagt Brennecke. Als kleiner Junge ging er damals seinem Stiefvater, der den Portalkran im Hafen bediente, zur Hand. Alle Schiffe, die anlegten, hatten das Finowmaß, das erste standardisierte Binnenschiffmaß, angepasst an die Schleusen des Finowkanals. Ende der 1960er Jahre wurde das Hafenbecken zugeschüttet. Immerhin war das Gelände weiterhin ein zentraler Umschlagplatz, allerdings wurden nur noch Eisenbahn-Waggons entladen. Die Hafenbahn rangierte die Waggons vom Wriezener Bahnhof hier herüber und weiter bis zum Holzplatz. „Jeder große Betrieb in Wriezen hatte damals einen Gleisanschluss – jetzt ist alles weg, unwiederbringlich“, resümiert Brennecke.

Vom ehemaligen Gebäudebestand des Hafens haben sich, die 1902 errichtete Kalkbrennerei und die Fabrikantenvilla sowie der Hafenspeicher und die Molkerei, erhalten. Die Kalköfen ein eingetragenes Industriedenkmal, waren wichtig für die industrielle Entwicklung des Oderbruchs. Eckhard Brennecke, der Anfang der 1980er Jahre eine Gewerbeimmobile am Hafen kaufte, ersteigerte 2005 bei einer Auktion mehr aus Zufall auch die historischen Kalköfen und die Fabrikantenvilla. Wer Glück hat, dem erzählt der rüstige Rentner bei einem Besuch von seinem spontanen Erwerb der historischen Immobilie und der folgenden abenteuerlichen Sanierung der Kalköfen. Gemeinsam mit dem Verein „Interessengemeinschaft Hafen Wriezen e.V.“ setzte er die Kalköfen soweit instand, dass neben Veranstaltungen dort zukünftig hunderte von historischen Fotos aus der Wriezener Stadtgeschichte, besonders des Hafens, präsentiert werden können. Während die Kalköfen, nach Anmeldung, für Besucher wieder zugänglich sind, liegt die Fabrikantenvilla weiterhin verträumt im Dornröschenschlaf. Eine von Brennecke geplante Nutzung zu Wohnzwecken wird derzeit nicht zugelassen.

Blick auf die Marienkirche in Wriezen aus der Luft© Michael Anker

Wer sich aus dem Oderbruch kommend Wriezen nähert, dem fällt in der Stadtsilhouette ein alles überragender rechteckiger Turm auf. Es ist der Turm der Marienkirche. Die Ruine dieser Kirche ist der zweite Kulturerbe-Ort der Stadt. Der Kirchenbau geht auf einen Feldsteinbau aus dem 13. Jahrhundert zurück. Er wurde im Verlauf der Jahrhunderte verlegt sowie oft um- und überbaut. An der nach innen gerichteten Fassade des Turms können wir einzelne Bauepochen gut ablesen. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, beim Sturm auf Berlin, wurden die Pfarrkirche und das Stadtzentrum von Wriezen erheblich zerstört. 

Mutige Menschen verhinderten während der DDR-Zeit den Abriss der Kirchenruine. Der Wiederaufbau ist mühsam und verlangt der evangelischen Gemeinde und der Stadt viel Kraft ab. Seit mehr als 25 Jahren sammelt ein Förderverein Spenden, um die Kirche wieder aufzubauen. Einige Teile der Ruine wurden bereits so saniert, dass eine Nutzung durch die evangelische Gemeine möglich ist. Die Apsis erhielt vor einigen Jahren ein Dach und die Pläne für die gesamte Überdachung des Kirchenschiffs liegen zur Realisierung bereit. In dem unbedachten Kirchenschiff finden unregelmäßig Konzerte statt. Zu bestimmten Anlässen, zum Beispiel zu Stadtfesten, ist es für Besucher möglich den Kirchturm zu erklimmen. Diese Gelegenheit sollte man sich nicht entgehen lassen, denn sie bietet einen weiten Blick über das Oderbruch.

Weitere Informationen über das Oderbruch Museum und das Kulturerbe im Oderbruch finden Sie hier.

Kur und Natur in Bad Freienwalde

Geografisch wird das Oderbruch im Westen durch das Barnim-Plateau begrenzt. Am Fuß des Höhenzugs, zentral gelegen, befindet sich der Moor-Kurort Bad Freienwalde. Theodor Fontane, der märkische Dichter, adelte einst die Stadt mit den Worten „Freienwalde – hübsches Wort für hübschen Ort“. Wann immer er seinen Vater in Schiffmühle besuchte, so kam er wohl von Eberswalde aus, in den Kurort.

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Möglin und die Lehre von der Fruchtfolge

Die Bewertung durch unseren Reisebegleiter Theodor Fontane fällt durchaus euphorisch aus. „Etwa eine halbe Meile vom Westrande des Oderbruchs entfernt liegt Möglin, ein nur zwölf Häuser zählendes, weder durch Größe noch Bodenbeschaffenheit ausgezeichnetes Dorf, dem nichtsdestoweniger der Ruhm zufiel, in alter und neuer Zeit unter den historischen Dörfern des Landes genannt zu werden.“ Der märkische Dichter wusste genau wer hier gewirkt hatte: Albrecht Daniel Thaer, der bedeutendste Agrarreformer im deutschsprachigen Raum.

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Seenlandentdecker Michael

freiberuflicher Fotograf und Texter

In meiner Kindheit verbrachte ich viele glückliche Sommer bei meinen Großeltern im Oderbruch. Die Landschaft mit ihrem weiten Blick, die Ruhe und die Faszination des großen Flusses haben mich seitdem nicht mehr losgelassen. Derzeit bin auf der Suche nach den Spuren kulturellen Erbes der Menschen entlang der Oder.

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