© Oderbruch Museum Altranft / Michael Anker

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auf eine Reise in das Oderbruch

Die Mundharmonika aus dem All

Episode 18 der Reise durch die Kulturerbe-Orte

21. Dezember 2022

Mehrfach sind wir auf unserer Reise durch die Kulturerbe-Orte des Oderbruchs auf Kuriositäten oder ungewöhnlich interessante Dinge gestoßen. Im Dorfmuseum in Neuhardenberg werden Alltagsgegenstände aus der wechselvollen Geschichte des Ortes gezeigt. Unter ihnen ein Exponat, welches normalerweise wenig Beachtung finden würde. Dieses hier wurde durch einen besonderen Umstand zu einem weltweit einmaligen Unikat.
Vorerst beschäftigen wir uns mit der Ortschronik. Eine aktuelle Sonderausstellung widmet sich dem Leben von Karl August von Hardenberg, der dem Dorf seinen Namen gab.

Aus alter Dorfschule wurde Heimatmuseum© Oderbruch Museum Altranft / Michael Anker

Theodor Fontane stand uns mit seinen Orts- und Geschichtskenntnissen schon einige Male hilfreich zur Seite.  Bei seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg ist er natürlich auch durch Quilitz, wie Neuhardenberg früher hieß, gereist. Anfangs zeigte er sich wenig begeistert: „Die Geschichte von Quilitz bis zum Jahre 1763 hin ist arm und dunkel“. Interessant wird der Ort für ihn erst, als preußischer Adel in der Dorfgeschichte mitmischt. Er weiß zu berichten, dass der im Oderbruch verehrte Preußenkönig Friedrich II. das Gut Quilitz 1763 an Oberstleutnant von Prittwitz verschenkte. Prittwitz hatte in der Schlacht bei Kunersdorf den König vor der Gefangennahme durch die Österreicher und ihm somit wohl auch das Leben gerettet. Nach dem Tod des Rittmeisters verkaufte Prittwitzs ältester Sohn 1811 das Gut wieder an die Krone. Bereits drei Jahre später wurde Quilitz dem Staatskanzler von Hardenberg als Donationsgut verliehen. Damit einher ging auch eine Änderung des Ortsnamens in Neu-Hardenberg. Nicht die letzte Namensänderung wie wir später erfahren werden. 

Wie kommt Karl August von Hardenberg nun zu diesem Geschenk? Hardenberg gehört zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte. Gemeinsam mit Karl Freiherr vom Stein gilt er als Begründer der Preußischen Reformen. Diese sahen unter anderem die Neuordnung der Staatsverwaltung durch Fachminister, die Einführung der Gewerbefreiheit und die Gleichberichtigung der Juden vor. Die Reformen umfassten aber auch die Erneuerung des Bildungswesens mit der Einführung der Schulpflicht und die Gründung der Berliner Universität durch Humboldt. Seine Heeresreform führte die allgemeine Wehrpflicht ein.

Blick in die Ausstellung vom Heimatmuseum Neuhardenberg© Oderbruch Museum Altranft / Michael Anker

Nach einem verheerenden Dorfbrand 1801 kommt ein weiterer großer Name ins Spiel: Der berühmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel drückt dem Ort seinen Stempel auf. Nach Schinkels Ideen wird der Ort neu geplant. Er lässt die Kirche restaurieren und das Pfarrhaus sowie das Schulhaus bauen. Im Quilitzschen Vorwerk Bärwinkel hatte er zuvor sein erstes Werk, ein Molkenhaus in Form einer Basilika, aus Raseneisenstein erbaut. Für Karl August von Hardenberg gestaltete er ab 1820 das Schloss zu einem zweigeschossigen, klassizistischen Landschloss um.

Neu-Hardenberg wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zu Ehren von Karl-Marx in Marxwalde umbenannt und zu einem sozialistischen Musterdorf umgestaltet. Auf dem nahegelegenen Flugplatz wurden Jagdflugzeuge der NVA aber auch Passagierhubschrauber- und flugzeuge für die DDR-Regierung stationiert. Hier nun stoßen wir auf einen weiteren berühmten Namen, den des ersten deutschen Kosmonauten, Sigmund Jähn. Er war vor seinem Weltraumflug im Jahr 1978 Pilot des in Marxwalde stationierten Jagdflieger-Geschwaders. Sigmund Jähn wohnte von 1965 bis 1978 in Marxwalde. In einer kleinen Vitrine im Heimatmuseum ist eine Mundharmonika ausgestellt, die der Kosmonaut im Weltall mit im Gepäck hatte. Anlässlich eines Besuches schenkte er sie dem Heimatverein. Dessen knapp 50 Mitglieder organisieren seit 2003 in der sanierten Dorfschule wechselnde thematische Sonderausstellungen. In unserem Fall war es Andrea Planert, die uns durch die Ausstellung mit den zirka 1000 Exponaten führte. 

Schriften zu Karl August von Hardenberg im Heimatmuseum Neuhardenberg© Oderbruch Museum Altranft / Michael Anker

Kommen wir nun zur vorerst letzten Namensänderung des Oderbruchdorfes. Die Gemeindevertretung stimmte nach der Wende 1991 für eine Umbenennung. Seit dem heißt das Dorf wieder Neuhardenberg, diesmal ohne Bindestrich. 
Im Anschluss an einen Besuch des Dorfmuseums, empfiehlt sich die Besichtigung des Schlossensembles mit dem Park und der Schinkel-Kirche. Übrigens: das mumifizierte Herz von Karl August von Hardenberg wird bis heute in der Kirche aufbewahrt. Dem Wirken des Fürsten widmet sich aktuell eine Ausstellung im Schloss Neuhardenberg.

Dorfmuseum Alte Schule, Karl-Marx-Allee 22 , 15320 Neuhardenberg.
Geöffnet in der Saison: An den Wochenenden und Feiertagen 12 bis 17 Uhr sowie auf Anfrage unter Telefon: 033476 60740 oder 015165 666 955. Heimatverein Neuhardenberg e. V.

Weitere Informationen über das Oderbruch Museum und das Kulturerbe im Oderbruch finden Sie hier.

Zwei Fahrstühle ins Oderbruch

Schon von Weitem sind sie zu sehen, die beiden Kolosse von Niederfinow. Das alte und das neue, erst im Oktober 2022 eröffnete, Schiffshebewerk. Die beiden gigantischen Fahrstühle befördern Güter- und Passagierschiffe vom 36 Meter höher gelegenen Oder-Havel-Kanal ins Oderbruch oder zurück. Anlässlich der Übergabe des Neubaus, wurde dem alten Hebewerk die Ehre zuteil, zum Kulturerbe-Ort des Oderbruchs erhoben zu werden. Das zuvor bereits zum technischen Denkmal erklärte alte Schiffshebewerk ist das älteste noch in Betrieb befindliche Deutschlands. Mindestens weitere fünf Jahre lang soll das auch so bleiben. Die Seniorin aus Stahl bleibt in Reserve, falls ihrem Sprössling aus Beton mal unwohl sein sollte. Eine sinnvolle Entscheidung, denn bereits die Niederkunft des Neuen war mit allerlei Geburtswehen verbunden.  

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Tsebrakhene Shtiker – Bruchstücke

Seit mehr als einhundert Jahren hat es dort scheinbar keine Beisetzungen mehr gegeben, trotzdem ist der kleine jüdische Friedhof in Groß Neuendorf gut gepflegt. Die Friedhofsanlage und die 24 erhaltenen Grabsteine wurden in den Jahren von 1992 bis 1994 restauriert. Dieser Kulturerbe-Ort ist ein Teil der jüdischen Geschichte im Oderbruch. 

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Seenlandentdecker Michael

freiberuflicher Fotograf und Texter

In meiner Kindheit verbrachte ich viele glückliche Sommer bei meinen Großeltern im Oderbruch. Die Landschaft mit ihrem weiten Blick, die Ruhe und die Faszination des großen Flusses haben mich seitdem nicht mehr losgelassen. Derzeit bin auf der Suche nach den Spuren kulturellen Erbes der Menschen entlang der Oder.

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