Im Winter hütet der Flussgott Gänse
Episode 10 der Reise durch die Kulturerbe-Orte
01. Februar 2022
Die Landschaft entlang der Oder spielt im Winter ihre ganz besonderen Reize aus. Das Land wirkt noch weiter, noch karger und noch unbewohnter. Liegt auf den nackten Feldern zudem Schnee, verschmilzt die Weite mit dem Himmel und der Horizont verschwimmt. Nach einer längeren Periode frostiger Nächte und Tage bildet sich an der Flusssohle der Oder Eis. Steigen die Eisschollen zur Wasseroberfläche auf, bieten sie ein besonderes Naturschauspiel. Sich im Kreis drehend tanzen die „Brieger Gänse“ stromabwärts. Stromab aus dem Schlesischen kam wohl auch der Name der runden Eisschollen. Geprägt wurde er in der alten deutschen Oderstadt Brieg, die heute den polnischen Namen Brzeg trägt. Das winterliche Schauspiel lässt sich gut am Fähranleger in Güstebieser Loose beobachten. Dort, wo Viadrus über der Szene thront und dem Knacken und Knarzen der sich aneinander reibenden Eisschollen lauscht. Im Sommer hingegen wacht der rote Flussgott über der Oder-Fähre „Bez Granic“, die über den Grenzfluss ins polnische Goszdowice (deutsch Güstebiese) pendelt. Die Idee zu dieser mythologischen Figur geht auf eine Initiative des Bad Freienwalder Augenarztes Ernst-Otto Denk zurück. Als Kulturerbe-Ort wurde der Wächter über den Strom 2018 ausgewiesen.