Mehrfach sind wir auf unserer Reise durch die Kulturerbe-Orte des Oderbruchs auf Kuriosit\u00e4ten oder ungew\u00f6hnlich interessante Dinge gesto\u00dfen. Im Dorfmuseum in Neuhardenberg werden Alltagsgegenst\u00e4nde aus der wechselvollen Geschichte des Ortes gezeigt. Unter ihnen ein Exponat, welches normalerweise wenig Beachtung finden w\u00fcrde. Dieses hier wurde durch einen besonderen Umstand zu einem weltweit einmaligen Unikat.
Vorerst besch\u00e4ftigen wir uns mit der Ortschronik. Eine aktuelle Sonderausstellung widmet sich dem Leben von Karl August von Hardenberg, der dem Dorf seinen Namen gab.
Theodor Fontane stand uns mit seinen Orts- und Geschichtskenntnissen schon einige Male hilfreich zur Seite. Bei seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg ist er nat\u00fcrlich auch durch Quilitz, wie Neuhardenberg fr\u00fcher hie\u00df, gereist. Anfangs zeigte er sich wenig begeistert: \u201eDie Geschichte von Quilitz bis zum Jahre 1763 hin ist arm und dunkel\u201c. Interessant wird der Ort f\u00fcr ihn erst, als preu\u00dfischer Adel in der Dorfgeschichte mitmischt. Er wei\u00df zu berichten, dass der im Oderbruch verehrte Preu\u00dfenk\u00f6nig Friedrich II. das Gut Quilitz 1763 an Oberstleutnant von Prittwitz verschenkte. Prittwitz hatte in der Schlacht bei Kunersdorf den K\u00f6nig vor der Gefangennahme durch die \u00d6sterreicher und ihm somit wohl auch das Leben gerettet. Nach dem Tod des Rittmeisters verkaufte Prittwitzs \u00e4ltester Sohn 1811 das Gut wieder an die Krone. Bereits drei Jahre sp\u00e4ter wurde Quilitz dem Staatskanzler von Hardenberg als Donationsgut verliehen. Damit einher ging auch eine \u00c4nderung des Ortsnamens in Neu-Hardenberg. Nicht die letzte Namens\u00e4nderung wie wir sp\u00e4ter erfahren werden.
\r\nWie kommt Karl August von Hardenberg nun zu diesem Geschenk? Hardenberg geh\u00f6rt zu den bedeutendsten Pers\u00f6nlichkeiten der deutschen Geschichte. Gemeinsam mit Karl Freiherr vom Stein gilt er als Begr\u00fcnder der Preu\u00dfischen Reformen. Diese sahen unter anderem die Neuordnung der Staatsverwaltung durch Fachminister, die Einf\u00fchrung der Gewerbefreiheit und die Gleichberichtigung der Juden vor. Die Reformen umfassten aber auch die Erneuerung des Bildungswesens mit der Einf\u00fchrung der Schulpflicht und die Gr\u00fcndung der Berliner Universit\u00e4t durch Humboldt. Seine Heeresreform f\u00fchrte die allgemeine Wehrpflicht ein.
\r\nNach einem verheerenden Dorfbrand 1801 kommt ein weiterer gro\u00dfer Name ins Spiel: Der ber\u00fchmte Baumeister Karl Friedrich Schinkel dr\u00fcckt dem Ort seinen Stempel auf. Nach Schinkels Ideen wird der Ort neu geplant. Er l\u00e4sst die Kirche restaurieren und das Pfarrhaus sowie das Schulhaus bauen. Im Quilitzschen Vorwerk B\u00e4rwinkel hatte er zuvor sein erstes Werk, ein Molkenhaus in Form einer Basilika, aus Raseneisenstein erbaut. F\u00fcr Karl August von Hardenberg gestaltete er ab 1820 das Schloss zu einem zweigeschossigen, klassizistischen Landschloss um.
\r\nNeu-Hardenberg wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zu Ehren von Karl-Marx in Marxwalde umbenannt und zu einem sozialistischen Musterdorf umgestaltet. Auf dem nahegelegenen Flugplatz wurden Jagdflugzeuge der NVA aber auch Passagierhubschrauber- und flugzeuge f\u00fcr die DDR-Regierung stationiert. Hier nun sto\u00dfen wir auf einen weiteren ber\u00fchmten Namen, den des ersten deutschen Kosmonauten, Sigmund J\u00e4hn. Er war vor seinem Weltraumflug im Jahr 1978 Pilot des in Marxwalde stationierten Jagdflieger-Geschwaders. Sigmund J\u00e4hn wohnte von 1965 bis 1978 in Marxwalde. In einer kleinen Vitrine im Heimatmuseum ist eine Mundharmonika ausgestellt, die der Kosmonaut im Weltall mit im Gep\u00e4ck hatte. Anl\u00e4sslich eines Besuches schenkte er sie dem Heimatverein. Dessen knapp 50 Mitglieder organisieren seit 2003 in der sanierten Dorfschule wechselnde thematische Sonderausstellungen. In unserem Fall war es Andrea Planert, die uns durch die Ausstellung mit den zirka 1000 Exponaten f\u00fchrte.
\r\nKommen wir nun zur vorerst letzten Namens\u00e4nderung des Oderbruchdorfes. Die Gemeindevertretung stimmte nach der Wende 1991 f\u00fcr eine Umbenennung. Seit dem hei\u00dft das Dorf wieder Neuhardenberg, diesmal ohne Bindestrich.
Im Anschluss an einen Besuch des Dorfmuseums, empfiehlt sich die Besichtigung des Schlossensembles mit dem Park und der Schinkel-Kirche. \u00dcbrigens: das mumifizierte Herz von Karl August von Hardenberg wird bis heute in der Kirche aufbewahrt. Dem Wirken des F\u00fcrsten widmet sich aktuell eine Ausstellung im Schloss Neuhardenberg.
Dorfmuseum Alte Schule, Karl-Marx-Allee 22 , 15320 Neuhardenberg.
Ge\u00f6ffnet in der Saison: An den Wochenenden und Feiertagen 12 bis 17 Uhr sowie auf Anfrage unter Telefon: 033476 60740 oder 015165 666 955. Heimatverein Neuhardenberg e. V.
Weitere Informationen \u00fcber das Oderbruch Museum und das Kulturerbe im Oderbruch finden Sie hier.
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