Heimatstuben und Dorfmuseen sind die Seelen-Orte des Kulturerbes im Oderbruch und sie sind wahre Zeitkapseln. \u00dcber Jahrzehnte, oft noch weit l\u00e4nger sammelten die Menschen dort Gegenst\u00e4nde des t\u00e4glichen Gebrauchs \u2013 nat\u00fcrlich erst wenn sie durch modernere oder neue ausgewechselt wurden \u2013 quasi nicht mehr gebraucht wurden. Einige dieser Sammlungen fr\u00fcheren Lebens, fr\u00fcherer Kultur, sind inzwischen Mitglieder im Netzwerk der Kulturerbe-Initiative. Nun darf man den Begriff Museum in diesem Zusammenhang nicht allzu w\u00f6rtlich nehmen. Die Bandbreite dieser Orte reicht von einzelnen Zimmern in Gemeindeh\u00e4usern bist zu komplett umgewidmeten Geb\u00e4uden. Die kleineren unter ihnen werden wir in dieser Episode besuchen.
\r\nWie die Bewohner vieler l\u00e4ndlicher Regionen, f\u00fchlen sich auch die Oderbr\u00fccher der Tradition verpflichtet. Ihnen w\u00e4re es nicht in den Sinn gekommen, lieb gewonnene aber \u201eausgediente\u201c Gegenst\u00e4nde achtlos wegzuwerfen. Oft wurden sie zu neuem Gebrauch ver\u00e4ndert. Nach dem Zweiten Weltkrieg zum Beispiel wurden, nicht nur aus der materiellen Not heraus, Stahlhelme zu Kochgeschirr umgearbeitet. Lange bevor die Friedensbewegung \u201eSchwerter zu Pflugscharen\u201c zu ihrem Leitmotiv machte. Anderen Metallgegenst\u00e4nden wurde, in den einstmals in vielen D\u00f6rfern vorhandenen Schmieden, neues Leben eingehaucht. Recycling oder Upcycling waren auf dem Land g\u00e4ngige Praktiken, bevor diese Begriffe \u201eerfunden\u201c wurde.
\r\nAber nicht nur das, oft wurden landwirtschaftliche Werkzeuge auf diese Weise den hiesigen Bedingungen angepasst oder zu einzigartigen Ger\u00e4ten weiterentwickelt. Was dann wirklich \u201ezu nichts mehr nutze\u201c war, landete auf dem Schrottplatz. Einige Engagierte, wie der heute 90-j\u00e4hrige Helmut Hulitschke, die diese einzigartige Sammelleidenschaft in sich sp\u00fcren, bargen die Ger\u00e4te und sorgten sich um ihren Erhalt. \u201eIm Jahr 1998 gr\u00fcndeten meine Frau Ursula und ich das Friedrichsauer Dorfmuseum. Es ist im ehemaligen Kulturhaus, der sp\u00e4teren Konsum-Gastst\u00e4tte, untergebracht. Seit 1947 sammelte ich was andere Leute wegwarfen \u2013 alte Ackerger\u00e4te, Werkzeuge und Dokumente. Die Staatsdom\u00e4ne Friedrichsaue war nach dem Krieg total zerschossen. Alles lag herum, man musste sich nur b\u00fccken. Viele Ger\u00e4tschaften landeten damals auf dem Schrott. H\u00e4tte ich sie nicht geholt, sie w\u00e4ren weg gewesen. Ich machte mir die M\u00fche, sie wieder aufzubauen. Nachdem die Leute die erste Ausstellung sahen, kamen manche mit einer ganzen H\u00e4ngerladung voller alter Ger\u00e4te zu mir. So wuchs die Ausstellung nach und nach\u201c, erz\u00e4hlt Helmut Hulitschke. In seinem kleinen Museum sind die Abteilungen nach im Oderbruch angebauten Feldfr\u00fcchten sortiert, Zuckerr\u00fcben, Getreide, Kartoffeln \u2013 H\u00e4ufelpflug, Schuffler, Kartoffelklapper oder eine \u00fcber hundert Jahre alte Bodenwalze.
\r\nNichtmetallischer Hausrat landete auf den Speichern oder Dachb\u00f6den und geriet f\u00fcr eine k\u00fcrzere oder l\u00e4ngere Zeit in Vergessenheit. Meist bei Renovierungs- oder Umbauarbeiten wurden die \u201ehistorisch gereiften\u201c Objekte wiederentdeckt und fanden dann den Weg in die Sammlungen der Heimatstuben. Es ist erstaunlich was auf diese Weise die Zeit \u00fcberdauerte: ganze K\u00fccheneinrichtungen mit M\u00f6beln, Geschirr und Vorratsbeh\u00e4ltern oder Zimmerausstattungen ebenfalls mit M\u00f6beln, Bettzeug und Textilien sowie b\u00e4uerliche Ger\u00e4tschaften. Aus einzelnen Sammlungsst\u00fccken haben ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer der Heimatstuben Szenen fr\u00fcheren b\u00e4uerlichen Lebens zusammengestellt. Solche Ausstellungen zeigen die Heimatstuben von Bliesdorf, Neulewin, Wollup oder Letschin. Daneben gibt es weitere Mini-Museen, die sich speziellen Themen widmen, wie die Dorfschule Neuhardenberg oder das Korbmachermuseum Buschdorf. Beide werden wir in anderen Episoden unserer Reise durch die Kulturerbe-Orte besuchen.
\r\nDas Fachwerkhaus der Heimatstube in Neulewin, ein Tagel\u00f6hnerhaus, wurde 1885 gebaut. \u201eTrotz seiner bescheidenen Gr\u00f6\u00dfe wohnten in ihm einst zwei Familien. Jede mit eigener K\u00fcche\u201c, erz\u00e4hlt Monika Kaiser, die sich mit vier weiteren Mitgliedern des Heimatvereins um den Erhalt der Sammlung k\u00fcmmert. Landarbeiter oder Tagel\u00f6hner h\u00e4tten fr\u00fcher unter sehr \u00e4rmlichen und beengten Verh\u00e4ltnissen in solchen H\u00e4usern gewohnt. Bis 1989 sei die eine Haush\u00e4lfte, die zweite war bereits bauf\u00e4llig, noch von einer alten Frau bewohnt worden. Nachdem diese verstorben war, erwarb die Gemeinde das Haus und baute es zur Heimatstube um. Die R\u00e4ume beherbergen jetzt vieles von dem, was ein Haushalt vor einhundert Jahren ben\u00f6tigte. \u00dcber der gemauerten Kochmaschine in einer der beiden K\u00fcchen prangt der Spruch \u201eEigener Herd ist Goldes wert\u201c. Darunter befindet sich eine Sammlung von alten K\u00fcchenutensilien. Wenn die Verh\u00e4ltnisse auch bescheiden waren, so hatten die Bewohner immerhin ein Dach \u00fcber dem Kopf. Obwohl die Zimmer heute verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig hell sind, kann man einen guten Eindruck von der einstigen Enge bekommen. \u201eDie Leute kamen ja fr\u00fcher nur zum Schlafen hierher. Die meiste Zeit des Tages waren sie auf den Feldern mit ihrer Lohnarbeit besch\u00e4ftigt\u201c, erw\u00e4hnt Monika Kaiser noch.
\r\nEinen \u00e4hnlich authentischen Eindruck bescheidenen Landlebens im Oderbuch, wie es die Heimatstube Neulewin vermittelt, gibt es auch in der Heimatstube in Bliesdorf zu sehen. Auch dort geht es sehr beengt zu. Besucher sollten sich vorab \u00fcber die \u00d6ffnungszeiten der kleinen H\u00e4user informieren. Die ehrenamtlichen Betreuer sind oft auch bereit, au\u00dferhalb dieser Zeiten f\u00fcr Interessierte zu \u00f6ffnen. Kontaktm\u00f6glichkeiten finden sich in der Brosch\u00fcre \u201eSchau ins Bruch\u201c. Sie ist an touristischen Punkten und im Museum kostenlos erh\u00e4ltlich.
\r\nWeitere Informationen \u00fcber das Oderbruch Museum und das Kulturerbe im Oderbruch finden Sie hier.
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